Interview Fünf Fragen an Torsten Graßhoff aus Mehringen.

Mitteldeutsche Zeitung von Marlen Luther

Aschersleben/MZ – Was ist eigentlich los morgens halb zehn im Salzland? Auf dem Dorf? In der Stadt? Sind die Menschen gerade einkaufen, arbeiten oder mal zu einem Spaziergang unterwegs? Wir haben nachgefragt.

Gerade habe ich …
… Angebote für Düngemittel erstellt und eine Fracht kalkuliert. Zum Glück lässt die moderne Infrastruktur ein effizientes Arbeiten im Home Office zu. Meine Kolleginnen und Kollegen sitzen in Rostock, Dülmen und Vilnius.

In Mehringen lebe ich seit …
… meiner Geburt. Genaugenommen bin ich in Aschersleben zur Welt gekommen. Studiert habe ich in Magdeburg und Bernburg. Aufgrund meiner Dienstreisen bin ich viel unterwegs und freue mich doch jedes Mal aufs Neue, beim Nachhausekommen erst von weitem den Brocken zu sehen, dann unseren Kirchturm und schließlich die drei wunderschönen Blutbuchen vor unserem Haus.

Als ich klein war, wollte ich …
… Dampflokomotivführer werden. Als Kinder liebten wir es, den Lokführern zu winken. Wenn wir Glück hatten, betätigten sie für uns die klangvollen Dampfpfeifen. Doch die Zeiten der Dampfloks waren dann vorbei und für mich kam eigentlich nur die Landwirtschaft infrage, so wie sie bereits alle Generationen vor mir betrieben hatten. Ich konnte wohl eher Trecker als Mama und Papa sagen, das Rübenhacken zu Pfingsten später war jedoch für einen Jugendlichen alles andere als idyllisch.


Landleben bedeutet für mich …
… auch sonntagmorgens vom Hahn geweckt zu werden, das Frühstücksei frisch aus dem Stall zu holen und abends nach einem Glas Wein im Garten mit dem Plätschern der Wipper einzuschlafen. Beim Brötchenholen mit Nachbarn und Freunden zu erzählen, eigene Kartoffeln anzubauen und sich im Winter reihum mit Freunden zum Skat zu treffen. Mehringen liegt so zentral in Mitteldeutschland. Gern nutzen wir die großen Städte mit ihrer Kultur – zum Kudamm sind es zwei Stunden, am Wochenende können wir Gustav Klimt in Leipzig sehen oder zu unserem geliebten Spanier nach Magdeburg fahren. Ist das nicht perfekt?

Für unsere Region wünsche ich mir …
… ein stetiges Zusammenwachsen unserer Stadt mit den Ortsteilen. Eine lebendige Innenstadt mit kleinen Cafés und Biergärten, welche gut durch Fahrradwege und ÖPNV erreichbar sind. Dafür auch die Städter zu animieren, zu unseren Erntedankfesten und vielleicht zum Einkaufen in neu entstehende Hofläden zu kommen. Ich wünsche mir mehr Respekt untereinander und unserer Natur gegenüber. Die Landwirtschaft als eine der Verantwortlichen für die Klimaveränderung sollte nicht länger angeprangert, sondern aktiv in die Problemlösungen für eine bessere und nachhaltige Zukunft einbezogen werden. Persönlich hoffe ich, dass ich nicht der letzte Landwirt auf unserem schönen Hof sein werde.