Mitteldeutsche Zeitung vom 05. August 2024

1.400 Besucher kommen zum 5. Oldtimer- und Zweitakttreffen nach Mehringen. Erstmals ist eine Parade-Limousine von Horch zu sehen. Was es sonst noch auf der Insel zu entdecken gibt.

Von Detlef Anders

Mehringen/MZ. „Leute, schenkt euren Kindern ein Schweißgerät oder Werkzeug zu Weihnachten und keine Playstation“, wünscht sich jemand im Interview auf der Mehringer Insel. Viele von denen, die zum Oldtimer- und Zweitakttreffen gekommen sind, haben selbst einst Werkzeuge geschenkt bekommen. Sie vereint ihr Hobby: Liebe zu alten Fahrzeugen. Zum fünften Mal haben die Zweitaktfreunde Mehringen eingeladen. 1.400 waren es, so Kay Thormann, vom Organisationsteam später.

Die älteren Gäste stehen vor Trabi, Wartburg, Barkas, W50, LO und anderen Fahrzeuge von Sachsenring, Opel und Co. Kinder düsen mit Quads über eine Strecke. Die Jugendlichen zieht es dorthin, wo Simson-Motoren knattern oder wo mit großem Gejohle Mopedreifen über eine Art Schleifscheibe rattern, bis das Moped im Qualm aus Gummiabrieb verschwindet und der Reifen platzt. Andere messen sich beim Slalomfahren und dem Motoren-Weitwurf. Die Siegerin schleudert den Simson-Motor nach Stechen 10,4 Meter, der beste Mann wirft rund vier Meter weiter.

Jörg und Sandra Donath aus Bernburg sind zum dritten Mal da. Nach der Premiere mit Trabi und später Lada Samara nun mit einem Schiguli. Sandra Donath hat sogar selbst gehäkelte Pittis und Schnattchen im Auto sitzen.

Mit einem 1956 gebauten Simson SR2, der vom RAW Leipzig mit festem Transportaufbau in nur fünf Exemplaren für die Leuna-Werke umgerüstet wurde, ist Rainer Graefe aus der Nähe von Markranstädt gekommen. „Ich habe nur solche Exoten“, sagt er. Sein Zugfahrzeug ist ein Trabant Puki mit Lkw-Zulassung „weil die Ladefläche größer ist als das Führerhaus“- einst ein Prototyp für die Messe der Meister von Morgen (MMM).

Leutewagen aus Schierstedt

Einen W50-Leutewagen von der LPG Harsleben haben Sven Früchtl und sein Freund aus Groß Schierstedt nach einem Getriebeschaden repariert. Er hat noch weitere W50-Raritäten zu Hause. Erstmals ist Bodo Schmidt aus Merbitz im Saalkreis mit wie neu glänzenden Oldtimern der Marken Horch und Sachsenring aus Zwickau von 1957 und 1958 in Mehringen. „Das ist ein ehemaliges Parade-Cabrio“, erklärt er. Eines von vier, die für die DDR-Staatsführung für die Paraden zum 1. Mai gebaut wurden. Eine Limousine mit Schiebedach sei für das DDR-Fernsehen für Friedensfahrt-Reportagen genutzt worden. „Ich habe alle Karosserie-Varianten, die es mal gab“, sagt Schmidt. Der Vater fuhr als Cheffahrer Sachsenring.

Aus Freckleben sind vier 16-jährige Schüler gekommen. „Ich habe noch keinen Führerschein, mein Opa hat mich gebracht“, sagt Ben Kleemann. Sonst waren sie ohne Mopeds hier, nun mit. „Es macht definitiv Spaß. Man kann hier mit anderen über die Mopeds quatschen und rumfahren“, lobt er. Er ist mit einer Schwalbe da. Luca Friedrich fährt schon mit dem S51 statt dem Bus zur Schule.

Joachim Purucker aus Thale ist einst eine Simson AWO Sport gefahren und möchte sie wieder aufbauen. Interessiert schaut er sich die alten Motorräder an. Der 84-jährige Arno Poeser ist mit seinem Trabant aus Wernigerode gekommen. Er war schon mehrfach da, weil er Oldtimer mag.

Eine Woche lang hat ein Jugendlicher aus der Nähe von Bernburg seine Simson aus fertig getunten Teilen aufgebaut. Nun möchte er wissen, welche Leistung der neue Motor hat. Deshalb steht er am Prüfstand von Johannes Fielitz. Viele wollen dies auch wissen.

Mit seinem S51 ist der 72-jährige Hans Kolze aus Köthen gekommen, seine „Kollegen“ mit Schwalbe und Jawa. Stolz wie ein Teenager trägt er sein Simson-T-Shirt. „Wir sind schon das dritte Mal hier. Mehringen ist top organisiert.“

Mit der Resonanz auf ihr Treffen sind die Zweitaktfreunde sehr zufrieden. Auch der Abend mit Disco, Feuershow und Feuerwerk ist gut besucht. „Nette Leute, nette Party hier. Besser geht es gar nicht“, findet der Moderator bereits am Samstagmittag.

In mehreren Kategorien werden sehenswerte Pokale aus Megawood, von Novo Tech Aschersleben gesponsert, vergeben. Für die schönsten Fahrzeuge nach einer Zuschauerwahl, für die ältesten, aber auch für den Fahrer mit der weitesten Anreise auf eigener Achse. Nicki Römmling kam mit dem S51 112 Kilometer von Erfurt. Er habe unterwegs in seiner Heimatstadt Ballenstedt noch wen abgeholt, berichtet Kay Thormann.

Ältestes Bike von 1925

Ihn wurmt nur eins: Dass er selbst ohne den erhofften Pokal für das älteste Zweirad blieb. Das seit 20 Jahren auf dem Dachboden stehende Motorrad aus dem Jahr 1929, das er mit seinem Vater extra herunter wuchtete, war doch nicht das älteste. Neben seinem stand ein vier Jahre älteres Motorrad.