Mitteldeutsche Zeitung,Mittwoch, 21. Mai 2025

Westdorf und Mehringen zeigen einer Jury, was das Leben in ihren Orten so besonders macht. Sie wollen Landessieger bei „Unser Dorf hat Zukunft“ werden.

Ortsbürgermeisterin Annika Fügner-Meier am Stempelkasten der Kirche.
Ortsbürgermeister Ronny Küster begrüßt im Westdorfer Bürgerhaus. FOTOS (2): FG

Von Kerstin Beier

Aschersleben/Mz. Westdorf, Mehringen und Zens erlebten gestern einen aufregenden Tag. Die drei Kreissieger im Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ haben Besuch bekommen: Einer achtköpfigen Jury wollten sie innerhalb von nur zwei Stunden möglichst eindrucksvoll zeigen, was ihr Dorf ausmacht, warum sich die Einwohner hier wohlfühlen und warum es im wahrsten Sinne Zukunft hat. Alle drei Orte sind als Kreissieger aus dem Wettbewerb hervorgegangen und hoffen nun, die Jury zu überzeugen und den Landessieg zu erringen. Damit hätten sie die Chance, das Land beim Bundeswettbewerb zu vertreten.

Ob das geklappt hat, bleibt abzuwarten: Erst am 20./21. September findet die Abschlussveranstaltung statt, und erst dann wird der Sieger verkündet. Was sicher ist: Sowohl in Mehringen als auch in Westdorf – in beiden Orten war die MZ dabei – ist es gelungen, das Bild einer Dorfgemeinschaft zu zeichnen, die zusammenhält, etwas bewegen möchte, etwas Identitätsstiftendes schafft und stolz ist: Auf das, was schon ist und alles Gute, was noch kommt.

Mit Partymobil in Westdorf

In Westdorf herrschte schon vor 9 Uhr fröhlich-angespanntes Treiben am Bürgerhaus, wo die Jury in einer Videoproduktion einen ersten Eindruck vom Dorf im Einetal mit ihrer bunten Vereinslandschaft gewann. Die Herren vom Männergesangsverein lieferten die musikalische Liebeserklärung an ihr Dorf, im Foyer hatte die seit 20 Jahren in Westdorf lebende Wohngruppe des Kinder- und Jugendhilfezentrums Groß Börnecke eine kleine Ausstellung vorbereitet, und auch die Frauen vom Kreativzirkel zeigten, was unter ihren geschickten Händen entsteht. Nur wenige Schritte sind es bis zum schmucken und vielgenutzten Sportplatz, wo Jugendleiter Sebastian Otte den SV Traktor Westdorf vorstellte und besonders die Jugendarbeit in den Fokus rückte. Verschiedene Stationen, die die Jury in einem von einem Trabi gezogenen Partymobil absolvierten, erzählten von viel Engagement und Einfallsreichtum der Westdorfer. So reichten die Seniorinnen Honig aus einer Kooperation mit einem Welbslebener Imker. Dass in der kleinen, jahrelang verwaisen Dorfkirche wieder Krippenspiele, Martinsfeste und Konzerte stattfinden, ist der Initiative des Heimatvereins zu verdanken. Es ging zur Reitanlage von Mike Kebernik und zum mitgliederstarken und erfolgreichen Reit- und Fahrverein Einetal sowie zur Feuerwehr. Auf dem Platz vor dem Feuerwehrdepot tummelten sich Mädchen und Jungen aus der Grundschule Pfeilergraben. Ortswehrleiter Marcus Brune berichtete über die Arbeit der Wehr, die nicht nur Retter in der Not ist, sondern auch sondern auch viel für das kulturelle Leben in Westdorf tut. Unterstützt werden die Kameraden vom Förderverein. Im ausgebauten Pferdestall, wo der Heimatverein sein Domizil hat, ermunterte Doreen Koster, das Bierkrugschieben auszuprobieren.

Ebenso gut vorbereitet präsentierten sich die Mehringer wenig später. Ortsbürgermeisterin Annika Fügner-Meier, Vertreter der Vereine und des Ortschaftsrates begrüßten die Jury am Spielplatz, den die Mehringer selbst auf Vordermann gebracht haben. Fotos erzählen von der Gemeinschaftsaktion. Die Rassegeflügelzüchter und die Senioren stellten sich in ihrem Vereinshaus vor, und wenig später stand die Gruppe vor der Kirchstraße 5 – einem maroden Haus, für das es nach langem Dornröschenschlaf nun eine Zukunft geben soll: Der Heimatverein plant hier ein Domizil mit Multifunktionsräumen im Erdgeschoss, mit Heimatstube und Archiv sowie Räumen, die von jungen Leuten gestaltet und genutzt werden können. Eine Leader-Förderung gibt es schon, „und ich habe die Vision, dass hier im Zentrum des Ortes ein zentraler Anlaufpunkt entsteht“, sagte Ulrich Fügner, Chef des Heimatvereins. Klaus Kilian als Vorsitzender des Gemeindekirchenrates berichtete über das Projekt „Glockenwelten“, das einen Bogen schlägt zum historischen Kloster im Ort. Die 800 Jahre alte Bronzeglocke, die noch erhalten sein soll, ist zwar verschollen, „aber wir wollen den Glockenstuhl reparieren“, so Kilian, und im Kirchturm soll es eine Ausstellung zu den Glocken geben.

Die nächste Station waren der kleine Dorfladen und das Blumengeschäft – dass es noch Geschäfte in kleinen Orten gibt, ist schließlich keine Selbstverständlichkeit. Am Sonnabend, wenn mobile Versorger den Platz bevölkern, „ist hier richtig was los“, so die Ortsbürgermeisterin. Den Weg zur Feuerwehr, die überaus erfolgreiche Nachwuchsarbeit betreibt, zu Schule und Kita und auf die Festinsel legte die Jury per Kremser zurück. Auf der Festinsel präsentierten sich alle Vereine von den Sportlerfrauen über den Spielmannszug bis hin zu den Schützen, dem Reit- und Fahrverein, den Jagdpächtern und Rassegeflügelzüchtern. Vor der Festhalle gab es historische Landtechnik zu bewundern.

„Ziel schon erreicht“

„Wir haben das Beste gegeben“, resümierte Annika Meier-Fügner am Ende des Tages, und obwohl der Besuch zu einer Zeit stattfand, in der Berufstätige arbeiten müssen, ist es gelungen, „vier, fünf Leute von jedem Verein auf die Beine zu bringen. Es ist toll, dass alle so gut mitgemacht haben“. Sie seien angetreten, um zu gewinnen. „Aber auch wenn nicht, ist das Ziel schon erreicht. Wir sind näher zusammengerückt, haben uns weiterentwickelt“, sagte Westdorfs Ortsbürgermeister Ronny Küster. Damit habe er den Geist dieses Wettbewerbs gut zusammengefasst, sagte Jury-Vorsitzende Andrea Eimkemeier-Bertram.