Die Jugendfeuerwehr Mehringen führt zum achten Mal einen 24-Stunden-Dienst durch. Was die Mitglieder für Aufgaben bekommen und was sich der Ortswehrleiter davon erhofft.

Mitteldeutsche Zeitung am 16.10.2023 von Detlef Anders

Mehringen/MZ. Mit Blaulicht und Sirene rollt ein Feuerwehrfahrzeug heran. Doch beim Öffnen der Türen springt nicht ein gestandener Trupp Feuerwehrmänner heraus, sondern eine Reihe Kinder und Jugendliche der Jugendfeuerwehr Mehringen. Am Feldweg neben dem Autoverwerter in Westdorf steht ein altes Auto ohne Räder auf Holzkeilen. Ein Fahrer-Dummy sitzt auf dem Sitz. Dessen „Rettung“ gehört am frühen Samstagnachmittag zu den ersten Übungen, die die Mitglieder der Jugendfeuerwehr bei ihrem diesjährigen 24-Stunden-Dienst absolvieren müssen.

„Einsatzleiterin“ Ronja Biedermann gibt Anweisungen. Nur den Anruf in der “Leitstelle“ und das Anfordern des Rettungsdienstes hat die 14-Jährige diesmal vergessen. Der Dummy wird von Anna Ohlsen aus dem Auto gerettet. Dann wird noch ein „vermisster Hund“ gesucht. Die Fenster des Kleinwagens werden schließlich noch mit Packband abgeklebt. Dann darf jedes Jugendfeuerwehrmitglied, das möchte, eine der Seitenscheiben fachgerecht mit dem Federkörner knacken. Mia und Milo machen den Anfang. Schließlich darf jemand mit einem spitzen Hammer ein Loch in Frontscheibe hacken. In das wird anschließend eine Säge eingeführt, die auf Zug arbeitet und mit der die Scheibe aufgesägt wird. Wobei ein Mitglied der Einsatzabteilung dies mit einer Maschine zu Ende führt.

Mit hydraulischen Rettungsgeräten wird der Wagen schließlich noch ausgeschnitten, werden Türen per Spreizer entfernt. Die Jugendwehrmitglieder bekommen dafür die Helme der Einsatzabteilung mit Visier. Sie dürfen genau zusehen, mal einen Knopf drücken, denn geführt werden Schere und Spreizer von den Großen. Mehr als fünf Kilogramm heben dürfen sie nicht, sagt Nino Kersten, der stellvertretende Ortswehrleiter. „Es ist schön zu sehen, wie sie mit Feuereifer dabei sind“, sagt er. Seine Tochter leitet inzwischen nach ihrem Umzug die Kinderfeuerwehr in Freckleben.

Die 14 Mitglieder der Jugendfeuerwehr sind zwischen 9 und 17 Jahre alt. Die zehn Aktiven an diesem Wochenende sind überwiegend sehr jung. Zum achten Mal gibt es den 24-Stunden-Dienst, berichtet Martin Bork, der Mehringer Ortswehleiter. „Wir waren die ersten, die das gemacht haben“, sagt er. Er als damaliger Jugendwart und Axel Trimpert, sein Vorgänger als Ortswehrleiter, hatten in einer Zeitung aus den alten Bundesländern von einem solchen Dienst gelesen und fanden die Idee so gut, dass sie es in Mehringen übernahmen. „Wir haben durch solche Aktionstage auch schon den einen oder anderen zur Feuerwehr gekriegt“, sagt Bork. Er hatte gehofft, dass auch Kinder aus dem Dorf daran teilnehmen, doch diesmal ist kein weiteres Kind aus Mehringen oder Schackenthal dem Aufruf gefolgt.

Zum Auftakt hatten die Jugendwehrmitglieder die Einsatztechnik übernommen und mit einer Checkliste kontrolliert, ob alles da ist – Fahrzeugkundeausbildung. Wie die Berufsfeuerwehr hätten sie sich anschließend ihr Mittagessen selbst gekocht. „Nudel mit Tomatensoße – wir haben geschwitzt, ob sie das auch wirklich so in dem Zeitraum hinkriegen“, berichtet Martin Bork. Aber es passte bis zur geplanten Übung in Westdorf. Nach der Rückkehr folgte bei Kaffee und Kuchen der nächste Alarm: „Ein Brand auf der Insel“, erzählt Bork. Wobei lediglich in der Halle die Nebelmaschine im Einsatz ist. Zwei vermisste Personen müssen mit selbst gebauten „Atemschutzgeräten“ mit gelb gespritzten Colaflaschen gesucht und gerettet werden. Nächste Übung ist die Rettung einer „Katze auf Baum“. Beim gemeinsamen Grillen zum Abend wird noch eine Fettexplosion demonstriert. In der Nacht folgt ein weiterer Alarm. In den Westerbergen gilt es, die Polizei bei der Suche nach einer psychisch verwirrten Person zu unterstützen.

„Geschlafen wird im Versammlungsraum und im Jugendraum – Mädchen und Jungs getrennt“, berichtet Martin Bork. Am Morgen weckt dann kein Wecker sondern die Sirene die Truppe. Erneut ein Brand auf der Insel – aber diesmal ein echter. Einen vorbereiteten Palettenstapel, der dafür in Brand gesetzt wird, gilt es diesmal nach Aufbau der Löschstrecke mit Wasser zu löschen.

Die Mehringer hoffen, dass ihnen der Aufbau der Jugendfeuerwehr bald wieder Einsatzkräfte für die Reihen der aktiven Kameraden bringt. Vor zwei Jahren konnten immerhin sieben Jugendliche übernommen werden. Die Jugendfeuerwehr sei super, findet Ronja Biedermann, die besonders Kameradschaft lobt. Marco Müller, der Jugendwart, ist zufrieden. „Jeder soll es immer selbst ausprobieren“, sagt er. „24 Stunden sind bei mehreren Einsätzen schnell rum“, weiß er um das Zeitmanagement. Sechs Einsätze sind es am Ende. „Die Kinder fragten, ob wir nicht im nächsten Jahr 48 Stunden machen können“, so Martin Bork.