Die Grundschule Mehringen benötigt das Zimmer. Während die Kinderbücher in Kita und Schule Platz finden, wird für den Rest noch gesucht.

Gemeindebibliothek
Die Grundschule Mehringen benötigt das Zimmer. Während die Kinderbücher in Kita und Schule Platz finden, wird für den Rest noch gesucht.

Mitteldeutsche Zeitung von Detlef Anders

Mehringen/MZ – Die Grundschule in Mehringen freut sich über Zuwachs an Schülern. Aber der Platz reicht nun nicht. Der Schulträger, die Stadt Aschersleben, sieht sich vor Herausforderungen gestellt. Anderenorts wurden mit Containern Ausweichmöglichkeiten zur Beschulung geschaffen. Doch die Kosten für so eine temporäre Lösung sind außergewöhnlich hoch, informierte Ortsbürgermeister Albrecht Schneidewind in der jüngsten Ortschaftsratssitzung.

Die Stadt habe gemeinsam mit Schulleitung und Kita-Leitung nach Alternativen gesucht, zitierte er aus einem Brief aus der Stadtverwaltung. Und fand sie in dem seit Jahren als Schul- und Gemeindebibliothek genutzten Klassenzimmer der Grundschule.
Dabei sei festgestellt worden, dass der Zulauf zur Gemeindebibliothek in Mehringen rückläufig ist, berichtete Schneidewind. Die Bibliothekarin habe auf Nachfrage erklärt, dass zwar ihr Herz an dieser Bibliothek hängt, sie aber Verständnis für die Situation der Schule habe. Zudem habe die Bibliothekarin aus Altersgründen schon an die Aufgabe dieses Ehrenamtes gedacht, sagte der Ortschef. Die Schule könnte das Zimmer für den regulären Unterricht gut gebrauchen.

Doch die Bücher müssen zuvor raus. Nur wohin mit ihnen? Der zuständige Mitarbeiter der Stadtverwaltung hat daher den Ortsbürgermeister nach Vorschlägen für eine Unterbringung der Bücher gefragt. Für die Kinderbücher wurde eine Lösung gefunden. Sie hätten bereits einen Platz in einem Schrank im Kindergarten bekommen, sagte Schneidewind.

Mit Herzblut dabei

Ortschaftsrätin Silvia Wollmann ergänzte, dass weitere Bücher aus der Kinderbibliothek jetzt einen Platz im Speiseraum der Schule bekamen. Sie würden dort schön integriert sein. „Ein riesengroßes Kompliment an Monika Hippe, die das über viele Jahre mit ganz viel Herzblut gemacht hat“, betonte Silvia Wollmann.

Sie selbst sei als ehemalige Schulleiterin sehr traurig darüber, dass die Kinderbibliothek aus diesem Raum heraus muss. Sie weiß, wie sehr ihre Schüler den Dienstag herbeigesehnt haben, um wieder in der Bibliothek Bücher zu tauschen, sagte Silvia Wollmann. „Das waren Familien, wo keine Bücher zu Hause im Regal zu finden sind.“ Dass die Kinder durch die „Herzblutarbeit“ der Bibliothekarin ans Lesen gewöhnt wurden, habe alle Lehrer der Schule sehr stolz gemacht. Sie fand es traurig, dass sich kein Nachfolger findet. Denn die Lehrer müssten in den Pausen die Aufsicht ausüben und könnten sich nicht um die Bibliothek kümmern.

Doch wo sollen die zahlreichen Bücher für die Erwachsenen, die die Gemeinde in den vergangenen Jahren auch mit Ortschaftmitteln gekauft hat, untergebracht werden? „Das sind auch Werte, die da stehen“, erfuhr Silvia Wollmann von der Bibliothekarin. Es seien dort „keine uralten Schwarten“ zu finden, die irgendjemand aussortiert hat. Ihr würde weh tun, wenn die Bücher irgendwo stehen, wo sie für jeden zugänglich sind, und wo niemand daran erinnert wird, ein Buch in einem ordentlichen Zustand auch wieder zurückzubringen. „Wir können das nicht irgendwo so hinstellen“, appellierte sie an die anderen Ortschaftsräte.

Die bisherige Suche durch einen Mitarbeiter der Stadtverwaltung sei noch nicht von Erfolg gekrönt worden, sagte der Ortsbürgermeister und bat alle Ratsmitglieder, sich Gedanken dazu zu machen. Schneidewind berichtete, dass der Geflügelzuchtverein schon mal angesprochen worden sei. Doch dieser möchte die Bücher aus Platzgründen nicht, hat Annika Fügner-Meier erfahren.

Als Vorstandsmitglied des Kultur- und Heimatvereins berichtete die Ortschaftsrätin, dass es auch die Idee gegeben habe, die Bücherregale im Vereinshaus aufzustellen für die Kaffeenachmittage der Rentner. Einen Gedanken, die Bücher in die dritte Etage des Hauses zu bringen, lehnte Albrecht Schneidewind ab. Da hoch würde kein Rentner mehr zum Ausleihen von Büchern gehen.

Schulstraße 5 als Alternative?

In der Schulstraße 5 gebe es allerdings noch ein leerstehendes Haus im städtischen Eigentum neben dem Pfarrhaus. Der Heimatverein habe dafür ein Nutzungskonzept geschrieben, sagte Annika Fügner-Meier. Sie gab dieses Konzept allen Ortschaftsräten und Rüdiger Schulz, als Amtsleiter für kommunale Beziehungen und Soziales bei der Stadt Aschersleben, zum Lesen mit.

Zimmer bis Freitag leer?

Die Schulbibliothek könnte in die ehemalige Arztpraxis einziehen, nannte sie nur einen Punkt aus diesem Konzept. Allerdings dränge die Zeit. Das Klassenzimmer müsse bis zum Ende dieser Woche geräumt sein, hieß es. Anfang Juli solle bereits mit Umbauarbeiten in dem Raum begonnen werden, berichtete Silvia Wollmann nach einem Gespräch in der Schule.

Rüdiger Schulz geht davon aus, dass das Schulamt eine Einlagerung der Bücher in Kisten oder Umzugskartons bereits plant. Annika Fügner-Meier erklärte, dass sie es nicht möchten, dass die Bücher vom Schulamt nach Aschersleben gebracht werden. Eine vorläufige Zwischenlösung gab es nach der teils heftig geführten Diskussion im Ortschaftsrat allerdings nicht. Es blieb nur beim Müssen-uns-Gedanken-Machen.